„Mein Tablet habe ich immer dabei“
Jure Vidak gibt in der Steiermark an acht Schulen Erstsprachenunterricht in Bosnisch, Kroatisch und Serbisch. Der Einsatz digitaler Lerntools ist ihm dabei ein besonderes Anliegen.
Digitales Lernen und Unterrichten sind seit der Corona-Pandemie kein Lippenbekenntnis mehr. Wie integrieren Sie digitale Lernformen in Ihren Unterricht?
Jure Vidak: Ich setze hauptsächlich selbstentwickelte Materialien als Ergänzung zu meinem Unterricht ein. Für die Materialentwicklung verwende ich verschiedene Programme für PC oder Tablet (siehe Infospalte). Am Anfang der Stunde dienen diese Materialien, etwa ein Online-Quiz, als Wiederholung der letzten Einheit. Am Ende der Stunde wird damit der aktuelle Lernstoff zusammengefasst. Hier setze ich häufig digitale Lernspiele zur Wiederholung des Wortschatzes ein.
Sind die technischen Voraussetzungen für den digitalen Unterricht heutzutage gegeben?
Nicht immer. Mein privates Tablet, das ich immer dabeihabe, ist nicht genug. Die digitale Ausstattung der Schule spielt beim Einsatz digitaler Lernmaterialien selbstverständlich die entscheidende Rolle. Aber auch die private Ausstattung im Haushalt der Schüler/innen. Es wäre wünschenswert, dass die Kinder die zur Verfügung gestellten digitalen Materialien auch zu Hause verwenden können. Hierzu ist die Unterstützung durch die Eltern erforderlich.
Mit welchen digitalen Tools haben Sie im Unterricht sehr gute Erfahrungen gemacht?
Wegen einer spezifischen Gruppenstruktur erfordert der Erstsprachenunterricht eine individualisierte Vorbereitung. Beim digitalen Unterricht ist das nicht anders. Alle Materialien, die ich ausprobiert habe, haben ihr Publikum gefunden. Mittlerweile habe ich genug Erfahrung gesammelt, um zu wissen, welche digitalen Materialien bei den Kids besonders gut ankommen. Am beliebtesten sind Quizaufgaben, Lückentexte, Kreuzworträtsel, Wortgitter, Paare-Zuordnung und das digitale Puppentheater.
Wie weiß man, welche digitalen Tools in welchen Phasen des Sprach(en)unterrichts eingesetzt werden sollten? Kann man das in Fortbildungsangeboten lernen?
Fortbildungen sind sehr wichtig, zum einen, weil dort neueste technische Entwicklungen gezeigt und erlernt werden, zum anderen, weil ein Austausch mit Kolleg/inn/en stattfindet. Der Austausch persönlicher Erfahrungen ist in dieser frühen Phase der Digitalisierung im Erstsprachenunterricht entscheidend, denn noch kann man nicht auf genug vorhandenes Material zurückgreifen. Mit der Lern- und Austauschphase, dem passenden digitalen Werkzeug (Hardware/Software) sowie ausreichend zeitlichen Ressourcen lassen sich digitale Lerntools entwickeln, die den Phasen der sprachlichen Progression entsprechen.
Welche möglichen Synergien sehen Sie fächerübergreifend beim Erstsprachenunterricht und beim Einsatz digitaler Tools und Medien?
Die Möglichkeiten sind vielfältig, besonders an Schulen, an denen der Erstsprachenunterricht am Vormittag stattfindet und die Native Speaker-Lehrer/innen gut in das Lehrerkollegium integriert sind. Ein Unterricht im Team bietet die Möglichkeit einer zweisprachigen Unterrichtsvorbereitung und eines Unterrichts, in dem auch digitale Materialien ihren Platz finden. Konkret könnten kurze Präsentationen zu einem bestimmten Thema so vorbereitet werden, dass alle Hauptbegriffe zweisprachig dargestellt werden. Auch Quizfragen können immer zweisprachig entwickelt werden. An Schulen, in denen der Unterricht nachmittags stattfindet, lassen sich Synergien wesentlich schwerer schaffen, weil Stundenpläne nicht kompatibel sind und man mit den Kolleg/inn/en weit weniger in Kontakt kommt.