„Wie fühlst du dich?“

Beratungspädagogin Birgit Gasteiger gab dem Medienverlag Papperlapapp den Anstoß zur Entwicklung des neuen Bildkartensets „Wie fühlst du dich?“. Im Interview mit Mag. Harald Sager (Journalist) erklärt sie, worauf es ihr im Entwicklungsprozess besonders ankam und weshalb ihr diese Emotionskarten besonders praxistauglich erscheinen.

 

Es gibt eine Menge Bildkartensets für Kinder auf dem Markt. Was hat das Set „Wie fühlst du dich?“, was die anderen nicht haben?

Birgit Gasteiger: Emotionskarten sind ein ausgezeichnetes Hilfsmittel, um das Thema Gefühle anzusprechen. Mir wurde jedoch in der Praxisarbeit bewusst, dass die vorhandenen Karten gewisse Defizite haben. So sind einige der Gefühle oft nicht gut erkennbar, weil die visuelle Umsetzung oft zu wenig deutlich herausgearbeitet wird, oder sie fehlen, wie z.B. „sich schämen“ oder „sich schuldig fühlen“. Letzteres ist ja ein besonders wichtiges, weil es der Startpunkt sein kann, Verantwortung für sein Handeln zu übernehmen bzw. es wiedergutzumachen. Weiters wird in den üblichen Sets nicht immer nach Geschlechtern unterschieden. Ganz wichtig noch: Im Unterschied zu anderen Sets sind die neuen Emotionskarten mehrsprachig! Die dargestellten Emotionen sind auf den Kartenvorderseiten in Deutsch, auf den Rückseiten zusätzlich in 11 Fremdsprachen benannt, die im DACH-Raum stark verbreitet sind. Das sind: Albanisch, Arabisch, Bosnisch, Kroatisch, Serbisch, Englisch, Farsi, Französisch, Italienisch, Polnisch, Rumänisch, Tschetschenisch, Türkisch. Das macht sie im Kontext der zunehmenden Sprachenvielfalt in der Praxis so besonders wertvoll.

Das Set besteht aus 16 Basis- und drei Sonderkarten. Können Sie ein Beispiel nennen?

Eine der Sonderkarten betrifft das Thema "Unterstützung". Diese Karte ist deshalb so wichtig, weil sie aufzeigt, dass die Kinder auf Hilfe bzw. Begleitung zurückgreifen können, wenn sie sich in unangenehmen Gefühlszuständen befinden. Aber auch, wenn sie angenehme Emotionen mit anderen teilen wollen, was sie wiederum als sehr bereichernd empfinden. Wir wollen mit dieser Sonderkarte vermitteln, dass die Kinder auf Unterstützung der Familie, Peer Group und Pädagoginnen und Pädagogen zählen können. Mit ihrer Hilfe können sie nicht nur unangenehme Gefühle wieder in angenehme verwandeln, sondern sich auch mit unangenehmen Gefühlen auseinandersetzen. Die Unterstützungskarte signalisiert den Kindern, dass sie sich an ihre Beziehungsmenschen wenden können oder bekommen den Anstoß, sich mit sich selbst und den unterstützenden Dingen, dem Spielzeug usw. zu beschäftigen. Sie tun das ohnehin, aber die Karte gibt ihnen eine zusätzliche Motivation dazu, so nach dem Motto: Mach etwas, das dir Freude bereitet, sei aktiv!

Andere Sonderkarten entstanden erst aus der intensiven Arbeit mit den Kinder heraus?

Ja, oft antworten die Kinder auf die Frage, wie es ihnen geht, nur mit „ganz normal“ oder eben „okay“. Den sechs- bis zehnjährigen Kindern, mit denen ich arbeitete, fiel auf, dass diese Antwort bei den meisten handelsüblichen Bildkartensets fehlt. „Okay“ ist für die Kinder sowohl eine einfache Zustandsbeschreibung als auch ein sicherer Einstieg in ihre eigene Gefühlswelt. Für jene Kinder, die sich schwertun, ihre Emotionen zu benennen, wirkt das wohltuend und unterstützend. „Stopp!“ wiederum bedeutet: Bis hierher und nicht weiter, ich setze Grenzen, ich will das nicht! Diese Karte hat sich als ausgezeichnete visuelle Ergänzung zum körperspracheorientierten sozialen Lernen bewährt. Die Kinder lernen, ihre Grenzen zu erspüren und dieses Gefühl dann auch auszudrücken.

Sie haben „Wie fühlst du dich?“ im Klassenrat und in Einzelgesprächen getestet. Was waren Ihre Erfahrungen damit?

Ja, wir haben mehrere Monate lang mit einem Musterset gearbeitet, um zu schauen: Was kommt an, was bewährt sich weniger gut, was können wir verbessern? Das Ergebnis: Das Kartenset wurde von den Kindern sehr gut angenommen, die Illustrationen gefielen ihnen und waren für sie leicht identifizierbar. Die Kinder entdeckten, dass sie damit gut Memory spielen konnten. Mir als Beratungslehrerin hat das Kartenset die Arbeit erleichtert, weil es die Bandbreite der Gefühle vollständiger wiedergibt, als das sonst der Fall ist. Ich empfinde es insgesamt als sehr stimmig! Das kleine Booklet, das mit dem Set mitgeliefert wird, gibt allen, die damit arbeiten möchten, wertvolle Anregungen zum Einsatz von den Emotionskarten in der Praxis.